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„Der Tarpan-Huzul hat es also nicht nötig, sich zum degenerierten Araber umschreiben zu lassen und seine Qualitäten auf Umwegen über seinen gerstereichen entarteten Nachfahren her zu beziehen. der da zu leisten längst aufhört, wo jener erst beginnt, wie sich jedermann bei andauernden Bergunwettern auf arabo-huzulischen Kreuzungen überzeugen kann. Er bezog das alles, seine Fähigkeiten und Formen, aus erster Hand direkt und hat sich damit gegen seine Feinde viel besser durchs Poloninen- und Urwaldleben geschlagen; anspruchslos wie seine haferlosen Väter, angewiesen, sich selbst zu verteidigen, angewiesen auf seine Instinkte und die Weide und, wenn es sein muß, auf Fichtennadeln und dürres Laub.

Für ein nur an die Formen der großen Kulturrassen gewohntes Auge wirkt der Original-Huzul, insbesondere der Tarpan-Huzul, in der Gesamtheit seines Exterieurs, der herrausfordernde, ausdrucksvoll knochige Kopf mit dem bösen Geschau – ohne Hals unter einem Berg von wirren Haaren auf die Schultern gesetzt - , der tiefe endlos lange Leib auf steckengebliebenem Bein, grotesk, ja komisch: man ist versucht, ihn nicht ernst zu nehmen trotz seiner in der Aufrichtung zur Schau getragenen Prätension. Und doch ist es ein imposantes Bild, auf der Polonine oder in der Luczyna diese kleinen Gesellen, eine Herde von 70 Müttern, angeführt von den 3-jährigen Stuten, vor dem Schneesturm über die neuweiße Decke durch die Flocken stürmen zu sehen, bergab und bergan, gegen den schützenden nährenden Wald zu: in Karriere, die Köpfe vorgestreckt, die buschigen Mähnen flatternd, die langen Fahnen wie dicke schwarze Striche hinter sich her.

Wenn du versucht bist, ihn nicht ernst zu nehmen und gute Nerven hast, dann lasse dich einige Tage – und Nächte werden daraus von selbst - durchs Gebirge von ihm tragen: den schwarzen Czeremosz aufwärts zum Baltagul, auf den Ladescul, den Pop Iwan, über Hänge, Wildbäche, Urwald und Sumpf, bis der Steig am Bergrutsch abreißt und dich das Grausen angeht. Wenn du´s nicht verträgst, da hinunter zu schauen über das rieselnde Geröll, und nicht nachten willst im Urwald, mit ein paar rotglühenden Lichtern, mache die Augen zu und lasse es seine Sache sein, wie er das macht, da tastend hinüber zu kommen. Nur störe ihn nicht. Sobald er drüben gelandet ist mit dir und deinem Angstschweiß, mit einem Ruck am Rande in dem Augenblick, wo unter seinem 4. Huf das Geröll hinunter donnert und er befriedigt prustend stehen bleibt - nimmst du ihn ernst, sehr ernst, und gibst ihm, wenn er´s mag, dein letztes Stück Brot. Du wirst ihn nicht mehr dressieren nach den Regeln der Reitkunst und, wie sie glaubt, dass er den Kopf zu stellen hat, wie sie ihn lehren will, dass er sein Gleichgewicht zu finden hat. Brückenlos im Finstern durch 19 brausende Furten, bis Baltagul läßt du ihm seinen Willen, auch wenn er mitten im reißenden Fluß stehen bleibt, umdreht und wendet und wieder wendet, sodass du nicht mehr weißt, wo die Ufer, wo rechts, wo links, ob´s vorwärts oder rückwärts geht...er bringt dich verlässlich zur Unterkunft. Trotz Nacht. Aber zwinge ihn nicht gegen sein besseres Wissen, er kennt seine Heimat und ihre Tücken. Du nicht. Und wenn du es anders machst, brichst du ihm das Bein und Dir das Genick.



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