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Die tschechoslowakische (karpathorussische) Huzulenzucht

Die tschechoslowakische Gestütszucht stellt die direkte Fortsetzung der altösterreichischen Zucht da, sie bildet die Hoch- und Edelzucht der alten Huzulenherde von Luczyna. Die Huzulenlandeszucht dagegen ist bis auf eine kleine natürliche Zuchtbasis ein Kampf mit Fremdrassigkeit und Bedarfsgegensätzen.

Die Zuchtfürsorge des pferdereichen Ungarn für den kleinen Landschlag dieses Grenzstreifens bestand bis 1914 in der Veredlung durch Aufstellung von lipizzanischen, arabischen und englischen Halbbluthengsten aus dem hiezu 1864 errichteten Staatshengstdepot TURJA REMETY. Der Landschlag besteht zur Hauptsache teils rein, teils verkreuzt in dem von Norden gekommenen Konik der galizischen Ebene und dessen Vermengung mit Orientalen und in dem etwas größeren ebenfalls langgetreckten Schlag der ostungarischen Ebene von Süden her. Nur im äußersten Osten ist in dem der HUZULEI zurechenbaren Abfall des Karpathenkammes der Originalhuzule noch heimisch. Spärlich auch in den Tälern; hier ist er in direkter Verbindung mit dem Kern der HUZULEI jenseits des Kammes geblieben.

Nicht zuletzt durch die Erfahrungen mit den Rasseleistungen während des Krieges und die Anpassung an den militärischen Bedarf sah sich die Tschechoslowakei verablaßt, die ungarischen Zuchtziele zu ergänzen durch Aufnahme und staatliche Förderung der Huzulenzucht. Im Jahre 1922 bot sich eine besondere Gelegenheit hiezu aus Anlaß der Aufteilung des restlichen in Österreich, damals in Waldhof, befindlichen Gestütes aus Luczyna. Das tschechoslowakische Ackerbauministerium erwarb den gesamten Rest des Gestütes, und noch 1922 ging die erworbene herde aus Waldhof nach Topolcianky in der Slowakei, dann 1923 von dort nach Turja Remety, das nach wie vor auch Hengstendepot blieb.

Die Herde bestand damals aus 15 Müttern: 6 Goral-, 4 Hroby-, 4 Hroby I- Töchtern und einer nach Miszka I; 2 Pep.-Hengste: Goral I und Hroby I; 13 Hengst- und 15 Stutfohlen. Von den Capul- und Ispas-Töchtern, dann von den sogenannten „Armeestuten“ war die Herde bereits gereinigt.

Im September 1925, ich folge nun den Angaben des Gestütsdirektors Ing. Pochily – wurde eine Teilung vorgenommen. Nach Topolcianky gingen zurück:

  • 1 Pep-Hengst Hroby I
  • 6 Goral-Stuten
  • 1 Goral I-Stute
  • 1 Hroby-Stute
  • 2 Hroby I-Stuten
  • 10 Stutfohlen (2 des H- und des G-Stammes)
  • 7 Hengstel

In Turja Remety verblieben:

  • 1 Pep-Hengst Goral I
  • 2 Hroby-Stuten
  • 9 Hroby I-Stuten
  • 1 Miszka I Stute
  • 10 Stutfohlen nach Hroby I
  • 8 Hengstfohlen

Damit war 1925 bereits der durch viele Jahre normale Vorkriegsstand der Luczyna erreicht.- Aus der Landeszucht wurden in Turja Remety bis 1928 5 Stuten zugekauft:

  • Magura (1925)
  • Dolha
  • Kiezera
  • Makowica (1927)
  • Zaric (1928)

Auffallend ist, dass sich trotz der kurzen Zeit seither nach diesen Stuten, Magura ausgenommen, nichts im Gestüt erhalten hat. Dasselbe gilt für alle aus Polen zugekauften Hengsten:

  • 1927 Dezembron und Smotrec; letzterer nicht typiert, hochbeinig, ohne entsprechenden Gürtel,
  • 151,162,18, Landesdeckhengst in Berezny

1928 aus Zabie zugekauft:

  • Chodac von 410 Goral;
  • Morus;
  • Myr (aus Kolomäa), ein tiefer stämmiger, kleiner (138, 168, 17,5) typischer Huzul, jedoch mit     Przwalski-Kopf;er wurde als zu klein wieder ausgemustert.

Im Jahre 1936 wurde Topolcianky als Huzulengestüt aufgelassen und nach Turja Remety folgender reduzierter Stand überstellt:

  • Die Deckhengste Gurgul und Hroby III
  • 11 Stuten,
  • 7 Saugfohlen
  • 14 Stück der Jahrgänge

Ende 1936 war somit der gesamte Zuchtstand:

  • 4 Pep-Hengste: G I, G II, H III, Gurgul (und Gurgul I)
  • 20 Mutterstuten und der Nachwuchs; im Lande
  • 26 Gestütsstuten in der Privatpflege
  • 26 Deckhengste auf Stationen; lizensierte Hengste keine.

Turja Remety (Depot, Huzulengestüt und Aufzuchtshof für angekaufte Hengstfohlen aus dem Lande) hat folgende Bodenflächen teils zu eigen, teils in Pacht:

  1. Im Tal der Turja ca. 95 ha Grund, hauptsächlich Weiden und Wiesen. Das Klima ist rauh, niederschlagsreich mit heißen Sommern.
  2. 9 ½ km entfernt die Bergweide Tarnitzain 780 m Seehöhe, gegenüber der eigenen Höhenlage von 180 m eine Steigung von beiläufig 560 m auf 2 ½ km. Diese von der Staatsforstdirektion Uzhorod im Pacht genommenen Weiden und Bergwiesen umfassen 33 ha, wozu 1936 noch 10 ha Wald zur Rodung übernommen wurden. Hier befindet sich eine Stallung für Abspäner mit Aufseherwohnung, ferner ein Stallbau für ein- und zweijährige Hengste,die im Winter von der unweit gelegenen „Lipowa skala“ (Lindenfels) herüber kommen auf die Wielka (große) Tarnitza. Im Sommer 1936 war der stand auf Lipowa skala 6  2-jährige, 11 1-järige Hengste, auf der Wielka Tarnitza 16 Abspäner, davon 3 aus Topolcianky.
  3. Die polonina runa (rowna=ebene) im Quellgebiet der Turja, westlich Zu. Von Remety gelangt man nach 18 km anfangs ebener, dann mäßig talansteigender Straße zum Talende, wo waldeinsam im kleinen Kessel das wenig bekannte Schwefeljodbad Lumschur (vom Wort „Lammschur“ zufolge der hier früher ausgeübten Beschäftigung der Kolonisten), an die Buchenbergwand angelehnt, eingebettet liegt. In diese Idylle soll dereinst bei einem Besuch in Ungarn auch die Kaiserin Elisabeth zu kurzem Aufenthalt gebracht worden sein. Von hier führt eine 10 km lange, mäßige Serpentinensteigung über den Waldhang hinauf zum Weideplateau, das in einer Seehöhe von 1300-1400m, mit dem höchsten Punkte 1484 m liegt. Wenn man mit den Gestütshengsten die Serpentine abschneidet und dabei in das Dickicht des stellenweise versumpften Waldhanges gerät, der bereits an den Urwaldcharakter der Waldkarpathen erinnert, so wird man bald den Unterschied gewahrzwischen der Leistung des galizischen Landhuzulen, der Selbverständlichkeit und Sicherheit mit der dieser sich seinen weg sucht gegenüber den veredelten durch Generationen das natürliche Training entbehrenden Gestütszucht nunmehr Haferhuzul. Er kämpft zwar lange und tapfer den verlegten steilen Hang hinauf durch Geäst, Sumpf und über vermorschte Stämme hinweg, aber er ist merklich nicht mehr darin zu Hause, führt nicht, sondern überläßt sich der Führung, und es geht sichtlich über seine ungeübten Kräfte und Instinkte. Immerhin ist er rasch wieder erholt, erinnert sich seiner Abstammung und ist gern bereit, den Kampf und seine Last wieder aufzunehmen. Die auffallend rasche und vollständige Erholung nach nur kurzer Rast- gegenüber anderen, strapazunfähigen, leistungsuntüchtigen Zuchten, wie z. B. Neu-Haflinger – ist besonders hervorzuheben.Die Polonina runa umfaßt 3500 Joch (circa 2100 ha); sie ist die gemeinschaftliche Sommerweide mehrerer Bezirke führt circa 3000 Stück Rinder und Pferde bäuerlicher Besitzer sowie für den separaten Auftrieb des Huzulengestütes. Das Landesamt hat für letzteres dort oben laufställe (Holzbauten) mit Aufseherwohnung errichtet. Anfangs Juni erfolgt der Auftrieb der Mutterstuten ohne Saugfohlen, der ein-, zwei- und dreijährigen Stuten. Mütter, deren Saugfohlen um diese Zeit noch nicht abgespänt sind, bleiben unten. Beiläufig Mitte bis Ende September, je nach Witterung, wird die Hochweide wieder geräumt. Die Aufzucht, verglichen mit der rumänischen und altösterreichischen in Luczyna ist weicher


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