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Schon lange, bevor der k. k. Oberst Ritter von Herrmann von der Bukovina aus in Wien die Anregung machte, auch der Zucht des unentbehrlichen kleinen Gebirgspferdes in den unwegsamen Waldkarpathen zwischen dem Oberlauf des Pruth un der goldenen Bistritz ein Augenmerk zuzuwenden und hiezu ein vorher halbwildes Gestüt im Gebirge zu errichten, was er 1856 durchführte, war beim Personal im Remontierungsdepot Kotzmann – aus dem 1792 das Staatsgestüt Radautz hervorgegangen war – für dieses kleine Pferd der gleiche Name gebräuchlich wie der des Bergvolkes, von dem es herkam und bei dem es seit Menschengedenken gezüchtet wurde: HUZUL. Zum Unterschied von den gleichfalls im Depot vertretenen kleinen Pferdeschlag aus dem nördlich und östlich angrenzenden, hauptsächlich polnischen Flachland: dem „Konik“ (polnisch: Pferdchen), welches Wort auf ähnliche Art um diese Zeit zur Rassebezeichnung wurde.

Es ist naheliegend, daß bei der Errichtung jenes Berglandgestüts die schon praktisch im täglichen Sprachgebrauch eingelebte Bezeichnung „Huzul“ auch in den amtlichen schriftlichen Verkehr Eingang fand und verblieb. Damit war auf natürliche Weise dieses kleine Gebirgspferd von eigenartigen Formen, Leistungen und Lebensbedingungen, mit der Fähigkeit der konstanten Vererbung derselben, offiziell zur Rasse erhoben, als selbständige Rasse anerkannt.

Für die Entstehung und Bedeutung des Namens „HUZUL“ bestehen mehrere Erklärungen:

Die Annahme, daß nicht auf das Pferd der Name des Bergvolkes, sondern umgekehrt auf den Volksstamm die Benennung des Pferdes übergegangen sei, ist wohl von der Hand zu weiseweisen; insbesondere, wenn man die Erklärung gelten läßt, daß  das Wort Huzul von „ hoc“ ( rumänisch: Räuber, Dieb) unter Anhängung der Artikelsilbe „ul“ entstanden sei und dieses Bergvolk niemals sich selbst als „Huzulen“ bezeichnete, welchem Ausdruck ein abfälliger Sinn innewohne, sondern von den Nachbarn, den Boiken (nördlich des Tatarenpasses) den Rusnaken (des östlichen Hügel- und Flachlandes), den Rumänen (südlich angrenzend) so benannt wird. Sie selbst, heißt es bei R. Kaindl (1), nennen sich jedoch Werchowancy (2), hirsky (3), wahre Pokutier(4), ruski ludy (5) oder auch Christiany (6). Diese Bezeichnungen sind bis auf die beiden letzteren jetzt nicht mehr in Gebrauch. Zutreffend ist aber auch heute noch, daß besonders von der älteren Generation die Benennung „Huzul“ in mißächtlichem Sinn verstanden wird, während die jüngere Generation sich meistens unvoreingenommen und freimütig als Huzulen bekennt. (Im rumänischen Sprachgebiet der Bukowina heißt die Pferderasse „hutul“, der Volksstamm „hutan“.)

Eine zweite Erklärung für die Entstehung des Namens Huzul, die glaubwürdiger und natürlicher erscheint, ist die Ableitung von Guzen, Uzen (ersteres nach arabischen, letzteres nach by byzantinischen Quellen, die Bezeichnung des Volksstammes Kumanen) durch das den Kleinrussischen eigene Umwandeln von G in H und Anhängen der rumänischen (auch in anderen orientalischen Sprachen ähnlich lautenden) Artikelsilbe „ul“. Es wäre ohne weiters denkbar, dass der Name für die Bewohner einer entlegenen Gebirgsgegend, insbesondere für die fremdsprachigen und gefürchteten Bewohner derselben oder für deren Nachfolger, bei den durch unbewohnte Waldstriche (bucovina (7)) getrennte Nachbarn sich erhalten hat, obwohl die Kumanen längst gewichen waren. Uns interessiert hier die Herkunft dieses Bergvolkes nur wegen der möglichen Zusammenhänge mit der Herkunft seines Pferdes, dessen Abstammung und Zuchtgrundlage, um der Erbkonstanz seines besonderen Exterieurs und Leistungsvermögens auf den Grund zu gehen. Die nächstliegende Erklärung liegt zwar in der natürlichen Ausbreitung und Zuflucht der Wildpferdeherden im Laufe vieler Jahrhunderte von Osten her aus den südrussischen Steppen zu den angrenzenden Waldzonen. Und es ist kein Grund dem Bestand der Steppen- und Waldtarpanherden nur zwischen Kaukasus und Dnjestr gelten zu lassen, diesseits des Dnjestr aber nicht; umsoweniger, als es einen nur in der Steppe verbliebenen allein auf die Bedingungen der Steppe auch im Winter angewiesenen freilebenden Tarpan nicht gab.

 



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