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Die “Dressage“ in Radautz besteht bei der Bespannung für ebene Trabarbeit in der Belastung mit dem Dreifachen des Körpergewichtes einschließlich Wagen; im Tragdienst bis 150 kg einschließlich Mann; 5 1/2 km Trab in der Ebene. Hierbei eine Hafergebühr von 3-5 kg steigend.

Es liegt auf der Hand, dass die Leistungserprobung und Übung des Huzulen in der Ebene und auf Straßen keine seinem Zweck entsprechende Verwendung darstellt. Ein im weglosen Gebirge oder auf Saum- und Karrenwegen des Berglandes vorwärts kommendes Pferd, kommt auch auf Straßen der Ebene weiter, mögen sie noch so mangelhaft sein. Das Training unter Durchschnittslast und die Steigerung der Belastung müssen für die Gebirgsleistung bei einem Gebirgspferd berechnet sein. Dann gibt es auch in der Ebene, selbst unter zusätzlicher Belastung, kein Versagen. Nicht aber umgekehrt. Der Zuchtzweck ist in erster Linie ein militärischer. Man kann nicht einwenden, dass ja die Zucht auch für den wirtschaftlichen Zweck des Bergvolkes betrieben wird. Gewiss, aber nur deshalb auch für letzteres und indiesem Umfang, weil das Militär die Huzulen der Landeszucht braucht, im Frieden sie assentieren, im Ernstfalle mobilisieren muss. Stünde dieser Zweck nicht im Vordergrund, so wären schon längst auch in den oberen Gebirgstälern, soweit Straßen bestehen, Hengste anderer Rassen dort eingezogen für rentableren, schwereren Zugdienst, und die Bergbauern ließe man sich behelfen, so gut sie können. Des Steuerertrages der Bergwirtschaften wegen oder aus Begünstigung des Huzulenvolkes ist die Wiedererrichtung der Lucina mit forciertem Stande wahrscheinlich nicht erfolgt. Es ist daher verwunderlich, dass sich die Gestütsleitung, die hiedurch bedingte Gelegenheit entgehen lässt, zwei große Vorteile für diese Zucht aus dem militärischen Zweck zu erreichen, wenn sie schon daraus bisher den Nachteil des Entartungseinflusses tragen musste, nämlich:

1. Das Training zweckmäßig zu gestalten, es dorthin zu verlegen, wo es hingehört, ins Gebirge, wofür ja die Lucina und ihre Umgebung ein Idealgelände darstellt, von der leichten bis zur schwersten Leistungsaufgabe steigerungsfähig.

2. Dieses Training mit Heeresangehörigen aus entsprechenden militärischen Formationen durchzuführen, wodurch allein die Gestütsleitung erreichen kann, dass die falschen Begriffe von Maßerfordernis von Exterieur, Rassetypus und Leistungsfähigkeit in diesen Kreisen praktisch sehr rasch und wirksam abgelegt werden.

Wenn im vorgeschrittenen Training und mit Abschluss desselben den hiezu kommandierenden Offizieren und Mannschaften nach allmählicher, vernünftig gesteigerter Leistung, Aufgaben gestellt werden, wie z. B. über Sarate nach Borsa banja und zurück zu reiten, oder über den Czogul nach Jalowiezora und Konjatyn und dergleichen Touren, wie sie von Lucina oder Kriwej aus in allen Leistungsstufen für den echten Huzul unzählig nach jeder Richtung vorm Stalltor liegen, dann wären die Ansichten bald korrigiert und die Zuchtleitung befreit von dem Oktroi der 1 1/2-m-Höhenmaße und den damit verbundenen Bestrebungen der Rassenverfälschung. Nichts wirkt so schnell und gründlich wie selbst gemachte Erfahrungen

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Sofern eine ernste Gebirgsleistung unter normalen natürlichen Verhältnissen, ähnlich den in den östlichen Karpathen bestehenden, erforderlich ist, also auch das Entsprechen unterschwierigstenBedingungen erwartet wird, ist das Verwenden des Arabo-Huzuls hiefür mit großen Nachteilen und Risiken verbunden und kein Vergnügen. Mit einem solchen Pseudo-Huzul im Spätherbst, bevor der Schnee trägt, über das Gebirge zu gehen, ist eine Marter für Pferd und Mann: Der arabisierte Huzul bricht durch die noch ungenügend tragende Schneedecke und Wächten durch, steckt mit seinen langen Stelzen tief drinnen, wird verzagt, ist haferlos auch kraftlos und bleibt nach einigen verzweifelten Anstrengungen herauszukommen, so wie er steckt, liegen. Es nützt kein Abpacken oder Absitzen, er versinkt auch allein; versinkt nicht mit Beibehaltung seines Gleichgewichtes, sondern gerät in die hoffnungslosesten, hilflosen Stellungen und Lagen, kann für seine langen Beine nicht Luft schaffen, bekommt das Knie nicht frei. Gelingt es ihm, sich vorne aufzurichten, versinkt er hinten und gibt den Kampf auf. Vor solchen Touren mit unechten Exemplaren, langbeinigen Spinnen, rumpflos, etwa noch schmal, wie die neueren Vergrößerungsbestrebungen sie produzieren, kann nicht genug gewarnt werden. Schon der Instinkt, die verwehten Schneelöcher wie Mulden, Falten eines fährtelosen Hochplateaus im Schnee zu meiden, hervorstehender Vegetation nachzugehen, sie aber vom überwehten Krummholz zu unterscheiden, sind Eigenschaften, die den echten Huzul, der seine Heimat kennt, unersetzlich machen. Der Huzule bricht auch durch, aber nur bis ihn der Rumpf trägt. Seine kurzen Beine stecken nicht tief, das Knie hat, um frei zu werden, nicht soviel Widerstand der Schneemassen zu überwinden. Von Brust, Bauch, Länge, Kruppenbreite getragen, liegt bzw. steckt er aufrecht. Und vor allem, er bewahrt die Ruhe und das Selbstvertrauen, wird nicht verzagt, weiß, was er zu machen hat, und kann sich dies dank seiner Muskelkraft leisten. Also ist auch kein Anlaß, daß er gequält wird, um mehr zu geben, als er in sich hat. (Daher ist der echte Huzul für jeden „echten“ Wildschütz [seit 1874] in der Huzulei, von 1200 m aufwärts das Idealpferd, nach wie vor unersetzlich, wie er es durch Jahrhunderte vorher für die freie Jagd seines freien Herrn in den freien Bergen gewesen war; „ Edles Weidwerk“). Alles in allem Eigenschaften von Huzulenbergland und -pferd, die es für den Fremden ohne einheimischen Führer überdies ratsam erscheinen lassen, seinen Huzul nicht daran zu gewöhnen, dass er – gleich dem Jagd- oder Straßenpferd in sichtigem Terrain oder unter stets gleich bleibenden Verhältnissen – sich nur und vollends der Führung des Menschen und seinen “Hilfen“ überantwortet, ihnen vertrauensvoll seine Instinkte unterordnet. Es wird gut sein, am Hochplateau auf 1700 m im Schneesturm bei Einbruch der Dämmerung, wenn die Instinkte durch Abrichtung und Abgewöhnungen nicht beeinträchtigt wurden. Es wird gut sein, gegen eine wider Willen und unverständlicher Weise eingeschlagene Richtung nicht zu protestieren. Und es steht dafür, auch nur einer einzigen solchen durchlebten Stunde kleine Schattenseiten zugute zu halten, die ein derartiges Dauerverhältnis zwischen Huzul und seinem Herrn mit sich bringt. So ist es bekanntlich nicht jedermanns Sache, auf dem langen Saumweg über einem Abgrund ständig auf der Kante ohne Hufbreit Zwischenraum zu reiten, wenn auf der Bergseite auch Platz ist am Steig. An solchen Stellen setzte beim ehemaligen Gestütskommandanten von Radautz, Oberst W. Wolf, der die Huzulen höher schätzte als die tiefen Schluchten, pünktlich ein gereiztes Zwiegespräch mit seiner Huzulenstute ein und der Kampf mit ihr um die Kante oder aber Bergseite des Steiges. Kaum hatte er sie hereingesteuert, war sie in einem unbewachten Moment schon wieder auf der äußersten Kante, so dass ihr Heubauch und die Hälfte des Reiters über dem 100-Meter-Abgrund schwebten, worauf das Spiel von vorn begann.

Der Huzul geht nicht gern in der Mitte des Steiges oder auf der Bergseite. Denn da ist der Steig hart, festgetreten oder ausgewaschen und steinig, am Rand aber weich. Außerdem wachsen am Rand und knapp darunter saftige Gräser, und da nimmt er sich gewohnheitsmäßig alle paar Schritte ein Maul davon. Weil er aber nicht schwindlig ist, auch seinen Dienst nicht versagt, seinen Schritt nicht verkürzt wegen der Grasbüschel, so ist ihm die Marotte nicht verständlich, auf dem Harten gehen zu müssen und auf spitzen Steinen mit angestellten Zügeln. Bleibt es ihm doch im Sumpf über vermorschte Prügel oder in der Nachtauch überlassen, für sich und seinen Herrn den Weg zu suchen.



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